Drei Fragen an Johanna Pohl, Leiterin Private Banking Schweiz
Pauschal lässt sich dies so nicht sagen. Was ich allerdings immer wieder beobachte ist, dass Frauen ihr Geld eher vorsichtig, sprich risikobewusst anlegen. Das heisst, sie befassen sich vorab intensiv mit den verschiedenen Anlagemöglichkeiten und wägen das Verhältnis von Risiko zu möglicher Rendite sehr gut ab. Wenn sie dann investieren, denken sie in der Regel langfristig und reagieren bei Börsenschwankungen gelassen. Bemerkenswert ist sicher auch, dass Frauen eine besonders hohe Affinität zum Thema Nachhaltigkeit zu haben scheinen. So stellen wir seit einigen Jahren fest, dass Damen jeden Alters bereit sind zu investieren, wenn sie mit ihrem Geld gleichzeitig etwas Gutes tun können. Im Beratungsgespräch geht es dann sehr schnell um Umwelt,- Klima- und Sozialthemen und um nachhaltige Anlagemöglichkeiten.
Grundsätzlich ist erfolgreiches Anlegen sicher keine geschlechtsspezifische Sache. Egal ob Mann oder Frau, entscheidend sind die richtige Strategie und den nötigen Durchhaltewillen in herausfordernden Zeiten.
Früher war es tatsächlich oft so, dass Frauen ihre finanziellen Angelegenheiten den Männern überlassen haben. Vorsorgen, Geld verwalten oder anlegen galten nicht als typische Frauen-Themen. Ich kann mich zum Beispiel noch daran erinnern, dass meine Mutter mir erzählt hat, dass sie im Rahmen ihrer kaufmännischen Ausbildung von den Lehrern gewarnt worden ist, als Frau ihr Erspartes anzulegen oder in Aktien zu investieren.
Dank Emanzipation, besserer Bildung, vermehrter Berufstätigkeit und der generellen medialen Präsenz von Geldthemen ist die Zahl der Damen, die sich für ihre finanzielle Situation im Allgemeinen und für Anlagen im Speziellen interessieren, deutlich gewachsen. Sicherheit, Unabhängigkeit und die Erfüllung persönlicher Wünsche sind heute für alle Geschlechter ein Thema. Im Bereich Anlegen beobachte ich, dass immer mehr junge Frauen den Mut haben, mit einem kleinen Teil ihrer finanziellen Mittel etwas risikoreicher zu investieren, etwas auszuprobieren und zu wagen.
Ich rate allen Frauen, sich aktiv mit dem Thema Geld auseinanderzusetzen und die Planung der eigenen finanziellen Zukunft nicht zu vernachlässigen. Fakt ist: Wenn es um die Familie geht, stecken immer noch vor allem Frauen beruflich zurück. Dies birgt verschiedene Risiken – zum Beispiel, wenn es zu einer Scheidung kommt oder die Pensionierung ansteht. Da Frauen eher Unterbrüche in ihrer beruflichen Laufbahn haben oder einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen, sind sie später deutlich gefährdeter für Altersarmut. Frauen steht im Durchschnitt deutlich weniger Geld im Pensionsalter zur Verfügung als Männern. Wichtig ist deshalb, sich frühzeitig das notwendige (Finanz-)Wissen anzueignen und das eigene Leben soweit es geht zu planen. Wissen ist die Grundlage für die eigene finanzielle Unabhängigkeit.
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Johanna Pohl hat nach ihrem Wirtschaftsstudium bei verschiedenen Banken im In- und Ausland in leitenden Positionen gearbeitet. Seit 2014 ist sie Leiterin Private Banking Schweiz bei der Schaffhauser Kantonalbank. Besonders am Herzen liegt ihr die ganzheitliche Beratung ihrer Kundinnen und Kunden mit einem besonderen Augenmerk auf Vorsorge- und Anlagethemen.
Veröffentlicht am 20. April 2021
Johanna Pohl, Leiterin Private Banking Schweiz