Christian Hefti, 26. Januar 2021
Orientierungslos beim Thema Anlegen? Ein unstrukturiertes Vorgehen macht viele Chancen zunichte.
Der Zinseszins-Effekt lässt ein Vermögen stetig wachsen, denn der Zins wird auf ein immer grösseres Substrat berechnet. Eine feine Sache für diejenigen, die ihr Geld für eine bestimmte Zeit zur Seite legen können. Kapital ist heute zwar reichlich vorhanden, aber der Zins glänzt durch Abwesenheit. Die Zentralbankpolitik der letzten Jahre hat ihn zum Verschwinden gebracht und manche unken, er kehre nie wieder zurück. Was also tun, um das Kapital wachsen zu lassen? Die Antwort ist einfach: in Wertschriften investieren. Denn wer systematisch und diszipliniert anlegt, kann sein Vermögen mit der Zeit vermehren. Zugegeben, einen Automatismus in Sachen Wertvermehrung gibt es beim Anlegen nicht, denn das Kapital ist Marktschwankungen ausgesetzt. Allerdings war der Wertzuwachs beim Ersparten früher auch eine Illusion. Erstens, weil Zinsen steuerpflichtig sind und zweitens, weil die Inflation berücksichtigt werden musste.
Die Alternative zum Sparen heisst also Anlegen. Es gibt zwar keinen garantierten Anlageerfolg, aber die Chancen auf Mehr lassen sich mit ein paar Kniffs deutlich erhöhen. Die folgenden sechs Ratschläge gelten sowohl für «Börsenneulinge» als auch für «alte Hasen».
Anlegerinnen und Anleger wenden in der Regel viel Zeit für die Kauf- und Verkaufsentscheide in ihrem Depot auf. Das macht Sinn, wenn sie sich über ihre Ziele im Klaren sind und eine schlüssige Strategie verfolgen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass Anlegerinnen und Anleger oft unterinvestiert sind und einen zu kleinen Teil ihres verfügbaren Vermögens einsetzen. Damit verpassen sie Chancen – egal, wie gut sie ihr Depot verwalten. Genauso wichtig ist die Erkenntnis, dass in verschiedene Anlageklassen investiert werden sollte. So wird zum Beispiel oft behauptet, mit Obligationen lasse sich im aktuellen Tiefzinsumfeld kein Geld verdienen. Das ist in dieser Absolutheit nicht korrekt. Selbst Obligationen in Schweizer Franken haben im vergangenen Jahr leicht an Wert gewonnen. Ausserdem tragen sie dazu bei, das Risiko im Depot zu reduzieren. Zentral ist: Seien Sie sich Ihrer finanziellen Gesamtsituation bewusst. Sie sollten wissen, in welchem Zeitraum Sie über wie viel Kapital verfügen und welche Mittel Sie wann benötigen. Ihre Risikofähigkeit (wie viel Risiko Sie sich leisten können und wollen) und Ihre Risikobereitschaft (wie viel Risiko Sie tragen wollen) werden so in Einklang gebracht. Das mag etwas technisch klingen, ist aber für die Festlegung Ihrer Strategie von entscheidender Bedeutung. Jede seriöse Bank bietet Ihnen eine umfangreiche Risikoanalyse an – meist sogar kostenlos!
In Ihrem Garten achten Sie als Gärtnerin oder Gärtner genau darauf, Farbe, Grösse und den Blütezeitpunkt der Pflanzen aufeinander abzustimmen. Um nichts zu verpassen, konsultieren Sie Fachbücher und befragen vielleicht Spezialisten oder Freunde. Das ist Diversifikation. Interessanterweise wird dem Diversifikationsaspekt bei der Vermögensanlage oft zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Man kennt und hält eine Handvoll Aktien und Obligationen. Oder besser gesagt, man meint sie zu kennen. Die Folge ist häufig eine zu starke Konzentration von Vermögen in einzelnen Branchen oder Ländern. Die breitere Streuung – zum Beispiel mittels Anlagefonds – klingt vielleicht weniger spektakulär als das «Stock picking», macht aber sehr viel mehr Sinn. Immer wieder zeigt sich, dass das Resultat von schlecht diversifizierten Depots ernüchternd ausfällt, wenn es um das Verhältnis von erzieltem Erfolg und eingegangenem Risiko geht. Mit dem Resultat, dass die Risikoparameter regelmässig verletzt werden. Die Wissenschaft setzt sich seit Jahrzehnten mit der Portfolio-Theorie auseinander, und wir wissen heute relativ genau, wie eine gut diversifizierte Vermögensstruktur aussehen sollte. Unsere Erfahrung aus der Praxis bestätigt, dass mit einer geeigneten Streuung über verschiedene Anlageklassen und Regionen hinweg sehr gute Anlageresultate erzielt werden können.
Trotz «Corona» war 2020 ein starkes Börsenjahr. Nach dieser sehr guten Phase dränge sich förmlich eine Korrektur – das glauben viele Anlegerinnen und Anleger. Sie verzichten deshalb darauf, frische Mittel im Sinne ihrer Strategie anzulegen oder steigen sogar aus. Die Wahrscheinlichkeit den optimalen Aus- und Wiedereinstiegspunkt zu treffen, ist aber sehr gering. Das Verhaltensmuster, das sich hier zeigt, nennt sich «Kontrollillusion». Im Glauben cleverer zu sein als der Markt, werden potenzielle Entwicklungen antizipiert. Aber wieso sollte der Markt sich nicht weiter positiv entwickeln? Die Statistiken zeigen, dass in den letzten dreissig Jahren an der Schweizer Börse in vier von fünf Jahren auf ein hervorragendes Börsenjahr ein weiteres Jahr mit steigenden Kursen folgte. Entscheidungen sollten auf jeden Fall nicht mit Blick auf die Vergangenheit, sondern immer mit Blick auf die Zukunft gefällt werden. Wichtiger ist, was von einer Aktie oder einem Segment erwartet werden kann – es empfiehlt sich eine nüchterne Analyse.
Stellen Sie sich vor: Nach dem Einkauf in der Stadt finden Sie neben Ihrem geparkten Auto einen Geldschein. Nachdem Sie die Note aufgehoben haben, sehen Sie einen Busszettel unter dem Scheibenwischer. Welches Ereignis löst wohl ein intensiveres Gefühl bei Ihnen aus? Was wir intuitiv begriffen haben, bestätigt uns die Wissenschaft: Wir ärgern uns deutlich stärker über einen Verlust, als uns ein Gewinn Freude bereitet. Je nach Forschungsposition kann der Faktor bei zehn liegen. Diese asymmetrische Wahrnehmung von Chance und Risiko wirkt sich auf verschiedene Weise aus: Zum Beispiel gewichten wir die Wahrscheinlichkeit eines negativen Ereignisses stärker, als es rational betrachtet nötig wäre. Dadurch werden Chancen oft verpasst. Oder Gewinne werden zu rasch realisiert. Verlustpositionen werden hingegen mitgetragen – häufig mit dem Ziel den noch nicht realisierten Verlust durch Zukäufe zu reduzieren. Dabei macht es durchaus Sinn, eine Anlage unter dem Einstandskurs zu verkaufen und in einen Titel mit mehr Potenzial zu investieren. Die zu schluckende Kröte ist das Eingeständnis an sich selbst, eine Fehlentscheidung gefällt zu haben. Die konsequente Orientierung an Kurszielen – nach oben, wie unten – schafft hier wirkungsvoll Abhilfe.
Geld anzulegen erfordert, wie in den Beispielen gezeigt, viel Disziplin. Dazu gehört auch die nötige Geduld. Angesichts stark gestiegener, aber auch gefallener Kurse werfen viele Anlegerinnen und Anleger ihre guten Vorsätze vorschnell über Bord. Um ein Jahr mit schwacher Performance zu kompensieren, wird das Risiko hochgefahren. Oder ein weiteres schwaches Jahr wird befürchtet, und die Positionen noch weiter reduziert. So wird der Wiedereinstieg zum richtigen Zeitpunkt fast unmöglich. Viele Anlegerinnen und Anleger haben genauso auf die durch Corona ausgelöste Aktienkurskorrektur im März 2020 reagiert. Sie warten bis heute noch auf einen günstigen Zeitpunkt, ihre Positionen wieder aufzubauen. Auch der umgekehrte Fall lässt sich beobachten: Nach einem guten Aktienjahr herrscht Euphorie und die Aktienquote wird erhöht. Das ist nicht zwingend falsch, der Entscheid sollte aber nicht aus dem Bauch heraus, sondern auf der Grundlage der Anlagestrategie gefällt werden. Eine realistische Einschätzung der unter gegebenem Risikoappetit zu erzielenden Rendite hilft, keine vorschnellen Entscheidungen zu fällen. Auch sollten Sie die Portfolio-Betrachtung endgültig von der Kalenderjahroptik lösen.
Wann haben Sie zuletzt ein Puzzle gelegt? Bei vielen Erwachsenen ist dies lange her. Dabei zeigt dieses Spiel sehr schön, dass man gut daran tut, das Ganze im Blick zu behalten. Viele Puzzler fangen damit an, einen Rahmen zu legen, dann werden offensichtlich gut zusammenpassende Einzelteile im Innern zusammengefügt. Übertragen auf das Anlagegeschäft bedeutet dies, dass Positionen im Portfolio auf keinen Fall einzeln angeschaut werden sollten. Zu überlegen, was eine Nachrichtenmeldung für diesen oder jenen Titel bedeutet, bringt nicht viel. Die Entscheidung, zu kaufen oder zu verkaufen, sollte immer unter Berücksichtigung des gesamten Portfolios gefällt werden, um dessen Diversifikationseigenschaften nicht zu verändern. Die obig beschriebene Verlustaversion verstärkt aber unsere selektive Wahrnehmung. Deshalb: Behalten Sie bei jeder Aufstockung oder Reduktion Ihres Portfolios und beim Eingehen einer neuen Position das Ganze im Auge.
Viele Anlegerinnen und Anleger haben ein intuitives Gespür für die Verwaltung ihres Vermögens entwickelt. Doch wir sind alle nur Menschen. Selbstüberschätzung, die Angst vor Verlusten, selektive Wahrnehmung und Ungeduld machen uns oftmals einen Strich durch die Rechnung, wenn eigentlich sachliche und rationale Entscheidungen gefällt werden sollten. Dadurch gehen Chancen verloren und Potenziale werden nicht ausgeschöpft. Das selbstverwaltete Depot ist aber nur eine von mehreren Alternativen. In der heutigen, stark arbeitsteiligen Gesellschaft lässt sich die Verwaltung von Vermögen auch delegieren. Zusammen mit Ihrer Bank analysieren Sie Ihre persönliche Lebenssituation und Ihre Bedürfnisse. Davon ausgehend wird eine Anlagestrategie entwickelt, die Ihrer Risikobereitschaft und Ihren Zielvorstellungen entspricht. Wichtig ist, dass Sie sich mit dem eingeschlagenen Weg identifizieren können und Ihr Institut Ihnen Sicherheit vermittelt. Indem Sie die Verwaltung Ihres Vermögens in professionelle Hände legen, können Sie von den Chancen an den Finanzmärkten profitieren, ohne sich aktiv kümmern zu müssen. Gleichzeitig haben Sie die Gewissheit, dass die sechs zentralen Punkte zum Anlageerfolg befolgt werden.
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Christian Hefti, Senior Anlagespezialist, beschäftigt sich seit dreissig Jahren mit Wirtschaft und Börse. Bei der Schaffhauser Kantonalbank ist er als Investmentspezialist für die Anlagepolitik der Bank mitverantwortlich.
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